Blühende Landschaften in Unrechtsstaaten

Als ich jung war, gab es noch die Sowjetunion, und “Sozi” war ein Schimpfwort. Wohlgemerkt, ich war nicht alt genug, um mich dafür zu interessieren, dass / warum / weil die Mauer fiel, und einer meiner besten Freunde ist in Dresden geboren, was damals noch Karl-Marx-Stadt hieß (oder so).

Zur Feier dieser Wende – ich wurde ja langsam alt genug für Computerspiele – gab es dann, aus aktuellem Anlass hochtrabender Versprechungen “blühender Landschaften”, Computerspiele wie Aufschwung Ost, was sich zu SimCity in etwa verhält wie StudiVZ zu Facebook – war nicht so toll, kennt keiner mehr, war auch nie nötig.

Ich kannte natürlich von meinem Vater die Geschichten über die lächerlichen Schikanen der DDR-Grenzposten im Hinblick auf seine Studentengruppen etc. pp., und dementsprechende Schilderungen, wie entsetzlich es dort so aussehen müsse. Ich hatte also kein sonderliches Bedürfnis, da hinzufahren.

Ich war dann erst 2002 mit meiner (jetzigen) Frau in Berlin, und konnte (trotzdem noch) nachvollziehen, was die Leute meinten: Das war scheußlich. Positive Erinnerungen an meinen kurzen Aufenthalt sind die wirklich netten Menschen (im Vergleich zu München, aber das ist eine niedrige Messlatte) und die freien Parkplätze in der Innenstadt – versucht mal, an einem Samstag Mittag irgendwo in Bayern auf der Straße zu parken.

Aber es war unästhetisch. Freilich, die Japaner haben am Dingsda-Platz ein glasverspiegeltes Sony-Center gesponsort, aber Berlin hatte insgesamt genau das Flair, was man von den DDR-Erzählungen erwartete. “Arm, aber sexy” ist da nichtmal ein selbstironischer Marketing-Spruch wie “Wir können alles, außer Hochdeutsch” – zumindest wurde ich bei den Schwaben nämlich nicht enttäuscht, wohingegen Berlin halt die Crackhure unter den Frauen Städten ist.

Fairerweise ist man ja nun als (unfreiwilliger) Wahlmünchner recht verwöhnt und findet z.B. auch, dass Paris irgendwie unangenehm riecht (im Sommer), aber London z.B. ist doch eine sehr nette Stadt, halt nur teuer.

Naja, dachte ich mir, stürzen wir uns doch wirklich ins Abenteuer und tun uns echten Kommunismus an: vor 15 Jahren flog ich nach China, macht sich ja sicher gut im Lebenslauf. Mit schlimmsten Erwartungen. Was ich fand?

[Links im Bild: Ich]

Entsetzlich, oder?  Also, wenn man das jetzt mal mit Berlin vergleicht? Ja, fairerweise, das ist ein Park, und das schicke Gebäude nur die Orangerie, und die Berliner haben ja jetzt auch ein hübsches Nilpferdhaus in BH-Form, aber damals war das – neben der Wohnung im 13ten Stock – schon was völlig anderes. Hätte ich nicht Wirtschaft studiert, wäre ich sofort Kommunist geworden. Habe ich aber, von daher stellte ich schnell fest, dass das kommunistische China genau so wenig kommunistisch ist wie das sozialdemokratisch-marktwirtschaftliche Deutschland eine Marktwirtschaft.

China in den Nullerjahren war eine Marktwirtschaft wie – keine Ahnung – Deutschland unter Ludwig Erhard, der erstmal alle Regelungen gestrichen hat, weil – äh – die eh überflüssig waren?  Es war beeindruckend. Grausam, ja, aber auf eine gewisse Weise ehrlich, die ich nicht kannte. Was die westliche Lügenpresse als “westlichen Raubtierkapitalismus” bezeichnet, ist genau das, was in China die oben gezeigten blühenden Landschaften produziert hat – und übrigens – so meine Theorie – auch das deutsche Wirtschaftswunder nach dem Krieg.

Gute Sozialdemokratie war es zumindest mit Sicherheit nicht, die gab es (und gibt es) in China nämlich nicht.

Nun ist es so, dass das politische System in China in etwa so funktioniert wie das in der EU – man kann schon jemanden wählen, aber die haben halt nichts zu melden. Die Illusion von Demokratie funktioniert für die Massen genau wie eine (pervertierte) Demokratie für die Massen – die Massen wollen nur ein gutes Leben haben. Was nun eigentlich jeder will. Kurz: Sol lange es den Massen zunehmend besser geht, ist ihnen das Wurst.

Soviel die Chinesen unter Mao den Sowjet-Kommunismus inklusive Vernichtungsprogrammen für alle mit einem Hauch von Verstand kopiert haben, haben sie auch den Kapitalismus kopiert. Das mit dem “Kopieren” war übrigens in meiner Jugend – man schaue mal Die Hard, wo Bruce Willis noch Haare hatte – eine japanische Geschichte. Komischerweise wurden dann die Japaner besser als die Amerikaner in so ziemlich allem – Komatsu vs. Caterpillar ist (war?) eine Case Study in jedem ordentlichen MBA-Programm (bei uns hieß das noch “Grundstudium”).

Der frühe Vogel fängt den Wurm, ist das westliche Mantra unserer – im Vergleich zur asiatischen eher neuen – “Kultur”. Den Spruch gibt es in China auch, der übersetzt sich aber in etwa “Der frühe Vogel fängt den Wurm. Der frühe Wurm wird als erstes gefressen”.

Klar, in unserer westlichen Erziehung hat das ein gewisses Maß an inhärentem Sozialdarwinismus, aber im Gegensatz zum Koloss von Rhodos steht die Chinesische Mauer noch – ward ihr mal am Limes? Am Limes gibt es schöne Schilder, die darauf hinweisen, dass da der Limes verlief. In China hingegen…

Nun hat China natürlich auch Nachteile. Ich war letztes Jahr zum fünften Mal da, und musste feststellen, dass die Prepaid-SIM Google sperrt. “Great Firewall of China”, so die Lügenpresse. Die große Mauer scheint ja nun geholfen zu haben, das Land ist ja nun heute China, nicht Mongolei. Und es ist damals kein Problem gewesen, an der Mauer vorbeizukommen, wenn man keine bösen Absichten hatte  – und das ist es beim “Great Firewall” auch nicht. Mein Chinesisch ist – mittlerweile praktisch bewiesen – auf dem Niveau einer Zweijährigen – aber für Google geht nicht reicht es noch. “Google 不行, blablablablabla”, antwortete der Mann, aber ich nehme halt an, dass das an der Regierung lag. Gut, halt VPN angemacht, passte schon.

Ich habe grundsätzliche Probleme mit der Einschränkung freier Meinungsäußerung, und dazu gehört auch der freie Zugang zu Informationen.  Nun kostet es in China etwa 1€/Monat, das zu umgehen. Aber davon ist China immer noch ein Unrechtsstaat – zum Beispiel deswegen – und daran muss man mal Deutschland messen.

[Anmerkung: Ein “Unrechtsstaat” ist kein streng definierter Begriff. Ich verstehe einen Unrechtsstaat als solchen, in dem (a) Gesetze nicht für alle gelten und / oder (b) Gesetze unerträglich ungerecht für Teile der Bevölkerung sind.]

Auf 50 Jahre gerechnet sind 1€/Monat 600€. Das ist viel Geld, vor allem in China. In Deutschland hingegen haben wir ganz toll freien Zugang zu Informationen zu Monopolpreisen des ehemaligen Staatsbetriebs Telekom (schaut nur mal nach Österreich), und dazu “nur 17,50€ / Monat nutzlose Gebühren für das Staatsfernsehen. Wenn ich mich jetzt zwischen chinesischen Staatsmedien gratis plus einem Euro für alles andere oder freiem Zugang für alles plus 17,50 für’n Arsch entscheiden müsste – nun, vor allem als Chinese würde ich das günstigere nehmen.

Und so frei ist die Meinungsäußerung ja auch nicht mehr – Zensursula kennen alle noch, den Rollstuhltypen auch, und Heiko “ich habe einen schicken Anzug, aber nur Luft im Kopf” Maas will das chinesische System ja nun auch für Deutschland. Aber nicht – wie die Chinesen – für alle, sondern nur für ihm missliebige Meinungen. Das wären dann 17,50 Zwangsabgabe plus 1€ für das VPN. Aber klar, China ist böse, die Türkei ist böse, Deutschland sei ein toller Rechtsstaat.

Ein so toller Rechtsstaat, dass der Blogger Hadmut Danisch wahrscheinlich 4.000€ Kosten zu tragen hat, weil der MDR, also der Staat (ne, das ist Staat, es geht darum, wer die Kosten eintreibt) einen Blogpost von ihm nicht so toll fand und ein Gericht fand, dass die Ankläger zur Hälfte totalen Unsinn behaupten. Herr Danisch hat den totalen Unsinn nicht eingesehen, was vorher noch mehr Unsinn war, aber totalen Unsinn nicht einsehen kostet in unserem ach so tollen Rechtsstaat ja nur 4.000€. Den Rest zahlt der Zwangsgebührenzahler -also, u.a. der Herr Danisch. Fein, oder?

Es ist sooooo schön, in einem Rechtsstaat zu leben. Ich meine, gut, für missliebige Meinungen wird man in China halt evtl. mal ungerechtfertigt inhaftiert, aber die Strafe für 4.000€ Verschwendung von öffentlichen Geldern ist halt Kopfschuss. In China. In Deutschland ist das nicht strafbar. Wie erwähnt, wir leben ja in einem tollen Rechtsstaat.

So, und nun wägen wir mal ab: Ist es ein größeres Unrecht, dass der Danisch 4.000€ zahlen muss, aber der MDR gar nichts, im Vergleich zu China, wo die Verschwendung öffentlicher Gelder eines der schlimmsten Verbrechen ist?

Klar, ich höre schon die Leute schreien “aber die machen das doch nur nach Gusto” – fein. Wir in Deutschland bestrafen die Leute, die sich an die Gesetze halten und ein Impressum führen und Geld haben. Der Rest kann in Berlin Autos anzünden und in Bremen Björn beklauen, soviel er will. Feiner Rechtsstaat. Oder – äh – Unrechtsstaat. Und mit so einem muss man nur umzugehen wissen; mein Blog hat ja nun ein TMG-fragliches Impressum, einen Hoster in den USA, und mein auf Grand Bahama sitzender VPN-Anbieter, der einer russischen Briefkastenfirma gehört, die Server in acht Ländern betreibt, sind sicher total toll rückverfolgbar. Das ist mir sogar vier Euro im Monat wert – bei 4.000€ Risiko für Recht bekommen.

Das kranke am deutschen “Rechtsstaat” ist die so genannte “soziale Gerechtigkeit” – klar, Leuten, die nichts in der Tasche haben, kann man nichts wegnehmen. Aber dass dann die Anständigen mit Ausständen auf ihren Forderungen aus z.B. Diebstahl , der zudem meist unsanktioniert bleibt, sitzen bleiben (würden) und es sich von vornherein nicht lohnen würde, da zu klagen, wirkt auf mich super ungerecht (siehe Radbruch’sche Formel oben).

Auf der anderen Seite dürfen die Assos klagen, soviel sie wollen – also, die privaten Assos, wie auch der Staat – ohne irgendwelche persönlichen Nachteile davon zu haben. Das ist ein System, was Teile der Bevölkerung diskriminiert (s.o.) – und zwar den anständigen, arbeitenden Teil der Bevölkerung. Aber die sind sowieso in einer pseudo-Demokratie, wie wir sie haben, eine Minderheit. Klar, das System ist gut für alle, aber ungerecht zu den Leistungsträgern.

Das System in China ist fair zu jedem, der arbeiten will – und kann. Der ganze “Korrupt wie Hölle” – Scheiß fängt erst auf einem Niveau an, von dem die meisten (dort wie hier) nur träumen können.

Zu dem “Korrupt wie Hölle” – Scheiß gehört in China aber halt auch “Kopfschuss”, wenn das rauskommt. Hier hingegen kann man Milliarden für einen winzigen (fliegt mal nach CAN) Flughafen verballern, oder für unsinnige 19tes-Jahrhundert-Technologie in Stuttgart. Etc. pp. Ohne, das was passiert.

Ist das wirklich besser als ein ehrlicher Staat, der sagt “hey, wenn Du Scheiße baust, jagen wir Dir eine Kugel in den Kopf und berechnen dem, der die Leiche haben will, 2.50元 für die Kugel” (plus den übrigen Kosten, die 30 cent wirst Du schon abgezweigt haben)?

Das überlasse ich Euch. Wichtiger ist, dass Kommunismus, wie er in China praktiziert wird, tatsächlich funktionierten kann: indem man ihn den Leuten erzählt, aber einen feuchten Dreck irgendeines kommunistischen Ideals macht. Zentralistische, aristrokratische Regierung mit inneren Sanktionen ist  – siehe wie immer Polybios – eine gute Regierungsform.  Und im Gegensatz zu der westlichen Welt, die sich seit 2.000 Jahren “das einzige, was wir aus der Geschichte gelernt haben, ist, dass wir nichts aus der Geschichte lernen” auf ihre Wappen schreiben solle, lebt der abwartende Wurm halt länger – und wird dann vielleicht ein wunderschöner Schmetterling. Wenn, klar, ihn nicht einer der frühen Vögel fängt. Aber es muss ja nun auch Jäger geben, die Schmetterlinge mögen und Vögel erschießen. Also, in China. Und Indien. Und dem größten Teil von Südamerika. Und – ja, die Neger sind wahrscheinlich auch nicht alle dumm.

Sexistische Werbung à la @pinkstinks

Der Doktorant hat ein Video gemacht. Nun ist das per se kein Aufhänger, aber der Doktorant spricht in dem Video über Pinkstinks; das sind die, die Barbiepuppen nicht mögen, weil die sexistisch seien und so.

Nun habe ich das Video vom Doktorant noch nicht gesehen, weil ich (endlich mal wieder) im Schwimmbad war. Aber ich habe, während meine Frau massieren war, Twitter durchgescrollt. Und Pinkstinks (weitestgehend eine Genderdoktor*ine namens “Stevie”) sind sich nicht nur zu doof,  ihren blödsinnigen Aktionismus zu verbreiten, sondern so doof, einen Zeitungsartikel als das “perfekte Forum” auszugeben, um ihr Anliegen zu diskutieren.

Dummerweise (für den Autoren) gibt es darunter eine nicht-gesperrte Kommentarfunktion, und man ist sich da ziemlich einig, dass der Artikel eines gewissen Nils Pickert absoluter Bullshit ist. Nils Pickert hat man übrigens schonmal gehört, das ist der Typ, der seinen fünfjährigen Sohn zu einer Tunte erzogen hat und “deswegen” jetzt auch Röcke trägt. Nils kommt übrigens aus Berlin, nur falls das jemand noch nicht dachte.

Naja, der Artikel von Nils in der Zeit scheint ja die ultimative Rechtfertigung für die Anliegen von Pinkstinks zu sein, also gehen wir ihm doch mal unter den Rock:

Alle regen sich auf über das geplante Verbot von Sexismus in der Werbung.

Das ist schonmal falsch: Nils, Pinkstinks und Heiko Maas finden das super. Da fehlt mindestens ein “vernünftigen Menschen” zwischen “alle” und “regen”. Zudem ist mies der Satzbau.

Dabei würde es weder Nacktheit verbieten noch die Meinungsfreiheit bedrohen.

Das Verbot würde die Meinungsfreiheit natürlich nicht bedrohen, es würde sie effektiv einschränken. Was unsäglicherweise nach unserem Grundgesetz legal sein kann, was übrigens Nils einziger Punkt ist, der nicht kompletter Unsinn ist. Aber langsam, das war nur die Überschrift.

Kritik an einem solchen Verbotsvorstoß ist selbstverständlich legitim.

Schön. Ich nehme an, dass dir es nicht sonderlich passt, dass Kritik an feministischem Unsinn noch nicht verboten ist, oder warum schreibst du das sonst hin?

Es ist sinnvoll nachzufragen, wie notwendig juristische Reglementierungen sind.

Nein, es ist notwendig, zu begründen, warum Einschränkungen grundgesetzlicher Rechte wichtiger sind als die grundlegenden Menschenrechte. Also, jetzt so im Hinblick auf Legitimität.

Aber die meisten Einwürfe waren nicht sachdienlich. Sie sprachen von Sex, wo Sexismus gemeint war,

[citation needed]

verwechselten Nacktheit mit Diskriminierung

Wer? Die Leute, die nackte Frauen in der Werbung als diskriminiert bezeichnen, obwohl die das freiwillig machen und dafür auch gar nicht so schlecht bezahlt werden?

und wollten Werbung deckungsgleich mit freier Meinungsäußerung verstanden wissen.

Nein, Werbung so zu machen, wie man sie will, ist nur ein Aspekt freier Meinungsäußerung. Diesen Aspekt anzugreifen ist dennoch ein Angriff auf die Meinungsfreiheit. Ich bin sicher, dass man das ganz toll mit so mathematischen Gleichungs- und Mengenzeichen ausdrücken kann.

Offensichtlich herrscht bei einem Thema Klärungsbedarf, das selbst einen Bundesrichter dazu veranlasst, seine prinzenhaft schwülen Stewardessenfantasien zu offenbaren.

Wie mich das ankotzt, wenn Leute dadurch intellektuell zu wirken versuchen, indem sie einen Thesaurus verwenden. “Schwül” hat tatsächlich eine Wortbedeutung “erotisierend”, aber das hat so noch nichtmal Shakespeare verwendet.

Herrn Fischers “Stewardessenfantasien” beziehen sich übrigens auf (polemisch erwähnte) “liebesglühende Stewardessen“, was so, per se, keine sonderlich erotische Schilderung ist, und mehr schreibt Herr Fischer nicht. Zudem ist es keine Fantasie, wenn Air Berlin für die “liebesglühenden” Stewardessen nichtmal mehr Zimmer zu buchen braucht, weil die ja eh in anderen Betten schlafen. Was Nils nicht erwähnt ist, dass Herr Fischer das Thema übrigens auch klärt – es wäre ein grundrechtswidriger Eingriff in die Meinungsfreiheit.

Aber was weiß schon ein BGH-Richter, hören wir lieber, was Nils zu sagen hat (tl;dr: nichts):

Nur wenn sich alle Beteiligten darüber im Klaren sind, um was für Inhalte es sich handelt, können sie auch bewertet werden.

Na, dann mal los!

Zur Erinnerung: Es geht um Sexismus in kommerzieller Werbung und damit um die auf das Geschlecht bezogene Diskriminierung von Menschen innerhalb einer marktkonformen Produktinformation.

Diskriminierung ist eine rein kategorische Benachteiligung von Personen aufgrund einer (meist negativen) Beurteilung. Was Werbung mit Produktinformation zu tun haben soll, weiß ich nicht. Werbung ist die Beeinflussung von verhaltensrelevanten Einstellungen durch Kommunikationsmittel. Ich bin gespannt.

Es soll weder Nacktheit verboten, noch die allgemeine Meinungsfreiheit eingeschränkt werden.

Ein auch noch so kleiner Teil der Meinungsfreiheit ist immer noch ein Teil der allgemeinen Meinungsfreiheit, du widerlicher Lügner.

Denn zum einen ist die Darstellung von Nacktheit, auch von sexualisierter Nacktheit, nicht zwingend diskriminierend.

Eigentlich ist die Darstellung von irgendwas gar nicht diskriminierend, da Diskriminierung per Definition eine Benachteiligung erfordert.

Zum anderen hat der Staat […] niemandem Vorschriften darüber zu machen, was er oder sie beim Anblick von nackten Brüsten zu denken hat.

Dem stimme ich zu, und selbst wenn der Staat das wollte, würde es nicht funktionieren. Wenn es funktionieren würde, bräuchte man in totalitären Staaten nicht so verdammt viele Vernichtungslager.

Er hat auch nicht festzulegen, wie Werbetreibende Produkte bewerben.

Wir merken uns das.

Er kann und sollte jedoch regulieren, mit welchen Bildern und Slogans die Kaufentscheidung mündiger Verbraucher nicht beeinflusst werden darf.

Ah. Was jetzt? Darf er es nicht, oder kann und sollte er? Lieber Nils, sei doch wenigstens ehrlich und sag, dass du findest, dass der Staat auf das Grundgesetz scheißen kann und sollte. Ist doch nur Papier.

Genau das tut er bereits.

Leider. Macht es nicht besser. Nennt man “Slippery Slope”.

Werbung darf Ihnen nicht erzählen, dass eine spezielle Burgerbraterei besser ist als eine andere.

Suggerieren darf man es allerdings; nur explizit sagen darf man es nicht. Was ich für Bullshit halte, aber dafür gibt es einen Hauch von “Grund”: Es ist nicht nachweisbar, und damit evtl. eine falsche Tatsachenbehauptung. Falsche Tatsachenbehauptungen wollen die meisten Menschen nicht über sich hören – selbst dem Ruf von Nils Pickert wäre es eventuell noch abträglich, wenn man behaupten würde, er wäre ein nekrophiler Kinderleichenficker. Ich möchte das auch nicht über mich hören, weil ich kein nekrophiler Kinderleichenficker bin. Daher ist es begründbar und damit auch in Ordnung, solche Falschaussagen zu sanktionieren.

[Werbung] darf Ihnen nicht vormachen, dass Zigaretten unbedenklich für Ihre Gesundheit sind.

Doch, das durfte Werbung. Und zwar so lange, bis es nicht mehr durch den Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis tragbar war. Wie gesagt, unwahre Tatsachenbehauptungen zu sanktionieren ist nicht unbedingt schlecht.

Sie darf Alkohol nicht mit dem strahlenden Lächeln eines Kindes bebildern.

Echt nicht? Wer macht solche Vorschriften? Vor allem aber: Wer kauft Alkohol, weil dann Kinder strahlen? 

Und auf das Geschlecht bezogene Diskriminierung sollte sie mit Hinblick auf Artikel 3 des Grundgesetzes nach dem Vorschlag von Pinkstinks auch nicht vornehmen dürfen.

Artikel 3 des Grundgesetzes ist, wie übrigens das gesamte Grundgesetz, eine Sammlung von Rechten gegenüber dem Staat. Hey – ich habe überhaupt nichts dagegen, dem Staat zu verbieten, überhaupt irgendwelche Werbung zu machen. Auch mittels Sockenpuppen wie Pinkstinks. Aber das ist doch hoffentlich nicht Nils einziger Punkt?

Eigentlich wäre jetzt ein guter Zeitpunkt, um über die Verhältnismäßigkeit […] des Vorschlags zum gesetzlichen Verbot von Sexismus in der Werbung zu diskutieren

Der zitierte BGH-Richter fand es einen unverhältnismäßigen und grundgesetzwidrigen Eingriff in die Meinungsfreiheit. Ich auch. Gegenargumente habe ich noch keine gehört, von daher weiß ich nicht, worüber wir diskutieren wollen.

und etwaige Alternativen zu erwägen.

Hey, da habe ich eine: Man könnte es nicht verbieten.

Der deutsche Werberat könnte beispielsweise mit mehr Kompetenzen und Sanktionierungsmöglichkeiten ausgestattet werden.

Man könnte auch den deutschen Werberat wegen Verbrechen gegen die Menschheit vor dem internationalen Strafgerichtshof anklagen, verurteilen und hängen. Hey – wollten wir nicht Alternativen diskutieren?

Dann dürfte er zum Beispiel ein Fahrzeug aus dem Verkehr ziehen, das mit sexistischer Werbung dekoriert ist, sofern der Besitzer vorher schon dafür gerügt wurde.

Wie bei den Nazis – die haben kritische Leute auch nicht gleich ins KZ gesteckt; “nur”, wenn sie nicht aufgehört haben. Wollen wir das jetzt endlich diskutieren?

Stattdessen wirft man sich mit großer Geste in ein Scheingefecht zum Schutz der Meinungsfreiheit

Wo ist denn da ein Scheingefecht? Ihr wollt ganz explizit die Meinungsfreiheit einschränken, und zwar ohne jeglichen Grund.

Doch die Freiheit, bei entsprechendem Produktbezug mit Nacktheit zu werben, steht gar nicht auf dem Spiel.

Wir merken uns das mal: Ein entsprechend illustriertes Plakat “dicke Titten und glattrasierte, feuchte Muschis” ist für einen Puff in Ordnung.

Vielmehr wird stellvertretend für diese Freiheit die diskriminierende Zumutung verteidigt, jedes nur erdenkliche Produkt mit der Suggestion permanenter Verfügbarkeit von Frauen aufzuwerten.

Ah – endlich ein “Argument”. Das zerbricht leider an Nils tollen, eigenen Beispielen – Suggestionen sind niemals verboten; man denke da nur an die “wahrscheinlich längste Praline der Welt” – das sind sogar zwei Suggestionen, nämlich die Suggestion “längste” und die Suggestion “Praline”. Es geht also ganz und alleine darum, die Suggestion permanenter Verfügbarkeit von Frauen zu verbieten, wenn damit das Produkt aufgewertet wird. Was einen Präzedenzfall der Einschränkung der freien Meinungsäußerung darstellen würde.

Und – äh – das beißt sich mit der Puff-Werbung, oder? Ich meine, da sind Frauen doch permanent verfügbar – meine Güte, das ist das Produkt. Ich habe das Gefühl, Nils gräbt sich da gerade sein eigenes Grab an Widersprüchen.

[irgendwer] spricht sie sich tatsächlich dafür aus, dass ein Hersteller für Tierfuttermittel seinen Slogan “Frischfleisch … gibt’s bei uns” mit der Abbildung einer Frau in Dessous kombinieren kann.

Das wäre natürlich nur in Ordnung, wenn die Frau das Produkt wäre, nicht etwa Tierfuttermittel. Werbung mit einer Frau, die sich eine Salami in die Muschi steckt, ist für einen Puff in Ordnung, für einen Salamihersteller nicht. Was machen wir mit einer Metzgerei mit angeschlossenem Puff? “Geile, harte Würste für geile, harte Spritzer” mit obiger Illustration? Shit, wird das schwierig.

[Damit] verschließt sie die Augen vor der Wirklichkeit systematischer Diskriminierung von Frauen.

Das Wort, was dir deine Rechtschreibprüfung korrigiert hat, heißt “systemisch”, nicht “systematisch”, aber das ist egal; ausgedachter Unsinn ist kein Argument. Und nein, ich muss nicht mehr machen als das Gegenteil zu behaupten, Nils macht auch nicht mehr.

Sexismus war und ist ein konstituierender Bestandteil unserer Gesellschaft

Sexismus war vor 100 Jahren noch nicht mal ein Wort. Unsere Gesellschaft ist älter. Bullshit.

Ironischerweise ist gerade er es, der einen Angriff auf die Freizügigkeit darstellt, die es wertzuschätzen gilt.

Außer natürlich, man bewirbt Würstchen. Nils ist offenbar würstchenphob und würstchendiskriminierend.

[Sexismus] sorgt unter anderem dafür, dass das Recht darauf, den Preis für ein Produkt zusammenhangslos auf den nackten Rücken einer Frau zu schreiben, um so ihre Käuflichkeit zu suggerieren

Ich würde das jetzt eher auf die Titten schreiben, aber gut…

vehementer verteidigt wird als das Recht darauf, Miniröcke und Hotpants zu tragen

Ich finde, dass jede Frau Miniröcke tragen dürfen sollte, vorausgesetzt, sie ist schlank und sexy, also, wenn sie aussieht wie Frauen aus der Werbung. Der einzige, der schlanken, sexy Frauen etwas verbieten will, ist Nils. Nämlich mit einem auf den Schambereich geschriebenen Preis Werbung für Würstchen zu machen.

Das heißt, wir verteidigen lieber Sexismus statt das Recht der Frauen, anziehen zu dürfen, was sie wollen.

Wer ist “wir”? Aber ja, ich verteidige lieber das Recht auf Salamiwerbung als das Recht, Hotpants tragen zu dürfen. Ich verteidige auch das Recht, Salamiwerbung mit Frauen in Hotpants zu machen lieber als das Recht auf Hotpants, ich muss die Salami ja dann nicht kaufen, das behebt der Markt von alleine. Die Hotpants leider nicht.

In den Gedanken der Menschen bleibt Sexismus immer frei.

Eine Hoffmann von Fallersleben – Anspielung. Uns bekannt durch Sophie Scholl, Kämpferin gegen totalitäres Gedankengut.

In ihren Äußerungen lässt er sich auch nicht einhegen

Was zum Teufel ist “Einhegen” für ein Wort? Ah, ein linksgrünfaschistischer Kampfbegriff. Oder halt wieder aus dem Thesaurus, wenn man dumm ist wie ein Baum oder Joschka Fischer, dann nimmt man halt forstwirtschaftliche Wörter. Fein. Arsch. Davon geht aber der totalitäre Gedanke hinter alledem nicht weg:

In der Werbung ließe er sich jedoch juristisch stellen und als das demaskieren, was er ist: eine unzulässige Diskriminierung. Damit wären längst nicht alle Probleme gelöst, die Sexismus bereitet. Aber es wäre ein guter Anfang.


Halten wir mal fest: Nils und Pinkstinks haben keinerlei Argumente außerhalb der angeblichen Gutheit ihres (keine existente Probleme lösenden, faschistioiden) Gedankenguts. Keine. Absolut keine. Und solchen Leuten hört jemand zu. Der Justizminister. Das regt mich auf.

So, jetzt schaue ich noch das Video und streichle meine Katzen:

chili