Ich bin, seit ich meinen Führerschein habe, ADAC-Mitglied und wenn ich vor meinem etwa 120sten Lebensjahr kündige, dann hat sich das auch gelohnt – wenngleich mich der ADAC einmal vier Stunden im Nirgendwo hat stehen lassen. Deswegen habe ich bei meiner einzigen Panne, seit ich keine Studentenkarren mehr fahre, den Mercedes-Card-Service angerufen, an dem auch nichts auszusetzen war.
Der ADAC schickt zudem einmal im Monat die Motorwelt, ein Advertorial-“Magazin”, und darin befand sich ein ganz toller Artikel mit dem Titel “Selbst ist die Frau”, geschrieben von einer Elke Satzger. Elke Satzger ist lt. Google wahlweise die Inhaberin eines Nagelstudios im Allgäu oder die Autorin des literarischen Meisterwerks Die Klippen von Perronec, von dem ich Euch den ersten Absatz nicht vorenthalten möchte:
Der Sarg schwankte auf den Schultern der Jungen. Vier stützten ihn auf der einen, vier auf der anderen Seite. Moritz ganz vorne links sah wie immer super aus. Das dunkle Jackett mit dem weißen Hemd stand ihm extrem gut. Dazu das kummervollblasse Gesicht und die Augenschatten. Perfekt. Am liebsten hätte sie ihn geküsst. Aber das ging nicht. Schließlich lag sie im Sarg.
Aber gut, Elke hat ja einen Artikel in der Motorwelt geschrieben, den ich Euch ebenfalls nicht vorenthalten möchte:
Kurz vor Mitternacht, ein einsamer Parkplatz
Das ist ein sehr, sehr viel besserer Anfang als das andere Werk.
das geliehene Auto springt nicht an
Und tot. Was wäre denn mit “und Stefanie drückt in ihrer Verzweiflung den Startknopf wieder und wieder und wieder, während [die Zombiehorde / der Vergewaltiger / die Rote Armee / der Rand des sich vergrößernden Erdlochs] immer näher rückt? Neeee… Schwach. Einfach schwach.
Für Stephanie Brouwer, Studentin aus Ansbach, „der blanke Horror“.
Schaut, mit meiner Einleitung hätte der Satz jetzt nicht total blöde gewirkt. So denkt man nur, dass Stefanie aus Ansbach eine sehr, sehr begrenzte Vorstellungskraft hat.
Eigentlich lag es nur an der vertrackten Wegfahrsperre
Puh, da sind wir aber erleichtert.
aber „so hilflos möchte ich mich nie wieder fühlen“.
Wegen der vergewaltigenden, russischen Zombiehorden aus dem Erdloch. Verständlich.
Die zierliche Frau meldet sich für einen Pannenhilfekurs beim ADAC Nürnberg-Fürth an
Wo man lernt, was eine Wegfahrsperre ist? Lernt man das heute nicht mehr in der Fahrschule? Haben moderne Autos sowas überhaupt noch, also, mit dem blöden Lenkradgewackle?
[Außer Steffi und ihrer rattenscharfen Freundin] finden sich an diesem Samstagmorgen fünf weitere Frauen im technischen Prüfzentrum ein – aber kein einziger Mann. „Das wundert mich nicht“, meint Kursleiter Andreas Ziegler spöttisch, „die tragen ihr Geld lieber in die Werkstatt.“
Ah, wir versuchen also, durch Männerbashing wieder gutzumachen, dass wir Frauen als unfähige Hascherl hinstellen, bei denen man sich wundert, dass sie nicht vergessen, zu atmen. Ich bin gespannt, was Männer in dem tollen Kurs noch alles nicht lernen werden.
„Sie fahren auf einer Autobahn oder Landstraße, plötzlich fängt
das Auto an zu ruckeln, was machen Sie?“ Finger schnellen in die Höhe. Alle sind sich einig: Warnblinker an, rechts ranfahren, Warnweste anziehen. Ziegler nickt.
Kupplung drücken und/oder Gang raus ist offenbar total oldschool. Hauptsache Warnweste, das Auto war ja eh geliehen.
„Und dann?“ Klarer Fall, Warndreieck aufstellen. „Wo genau?“ Ein großes „Hmm“ steht im Raum.
Das ist doch mal eine Runde völlig schnuppe, hält sich doch eh keiner dran. Ich hatte mal einen gerissenen Gaszug, und stand mitten in der Nacht auf der Autobahn, mit dem Warndreieck nicht allzu weit hinter mir (die Dinger für alte Mercedesse sind passend und teuer und man vergisst sie), und stand da völlig ohne Warnweste (gab es nicht), und die Polizei (mit Warnwesten, das Poliarchat ist mächtig) hat mich toll gesehen und angemault, was ich auf der Autobahn stehe, als würde das Spaß machen. Und die Leute vom ADAC am Telefon so lange angeschrien, dass sogar zwei Abschleppwagen kamen.
„Haben Sie Ihr Kennzeichen im Kopf?“ Schweigen.
Dafuq? Ne, wirklich – dafuq? Fairerweise muss man dazu sagen, dass alle Teilnehmerinnen blond aussehen und daher offenbar nur Luft im Kopf haben. Was aber hilft das bei einer Panne, wenn man sein Kennzeichen kennt? Klar, wenn das Kennzeichen runtergefallen ist, oder eher beide; aber selbst in dem Fall – das steht doch auf dem Fahrzeugschein im Handschuhfach, wo man den nicht hintun soll, weil man sonst zuverlässig 5€ bei jeder Polizeikontrolle spart.
Kaum eine Teilnehmerin konnte alle Lämpchen benennen oder wusste, dass sie sofort anhalten muss, wenn das für Kühlwassertemperatur, Bremsflüssigkeit oder Öldruck aufleuchtet. „Wer damit weiterfährt, riskiert einen Motorschaden.“
Wir erinnern uns daran, dass der Typ meinte, kein Mann würde seinen Kurs besuchen, sondern das Geld lieber in der Werkstatt lassen. Nun, fairerweise, wenn meine Bremskontrollleuchte aufleuchtet, hatte ich bislang auch nie an einen Motorschaden gedacht. Und die Abzocker von der Werkstatt haben auch immer nur meine Bremsen ersetzt.
Kühlwasser hatte ich nur einmal in einem (geliehenen) Golf. Der tat so, als hätten gerade Außerirdische angegriffen: die Anzeigen drehen voll durch, alles aus, alles an, alles auf 100%, alles wieder auf Null, Panik-Piepsen, repeat. Natürlich habe ich da angehalten. Und mich sehr geärgert, nicht noch die 2km zum Rasthof gefahren zu sein, um das scheiß Kühlwasser nachzufüllen. Warum läuft das bei dem Gelump überhaupt aus?
Anschließend erklärt Ziegler, was beim Abschleppen wichtig ist: „Zündung einschalten, zweiten Gang einlegen und daran denken, dass das Bremsen und Lenken schwerer fällt, weil die Servo-Unterstützung fehlt, wenn der Motor nicht läuft.“
Joch, Elke, das mit dem Gang ist Anschleppen, nicht Abschleppen. Aber ich wünsche den Kursteilnehmern viel Erfolg, ein Auto im zweiten Gang abzuschleppen. Ist sicher super für den Motor, den wir ja durch neue Bremsflüssigkeit gerettet haben.
praktische Übung: Reifenwechsel. „Freiwillige vor?“ Stephanie Brouwer traut sich, entfernt die Radkappe
Wer hat denn heutzutage noch ein Ersatzrad? Oder Radkappen?
Weitere Übungen beinhalten das Auswechseln von Scheibenwischerblättern,
Nach der Anweisung auf der Packung? Ich glaube, ich weiß, warum so wenig Männer den Kurs besuchen.
sowie Starthilfe bei einer leeren Batterie, der Pannenursache Nummer eins. „Ganz wichtig“, mahnt Ziegler. „Klemmen Sie das schwarze Starthilfe-Kabel niemals an den Minuspol der leeren Batterie, sondern an den Motorblock. Ansonsten knallt’s, und Sie können sich böse verätzen.“
Noch wichtiger: verwechseln Sie nicht, welches Kabel sie an den Motorblock tun müssen, sonst schrotten Sie sich die gesamte Elektronik. Der Rest ist nebenbei ziemlich egal; ich hab das locker 100mal gemacht und bin nicht explodiert.
Was er meint, ist die Entzündung von Knallgas.
Ach so, wir reden von Batterien aus den Restbeständen der NVA.
„Apropos Öl, wer möchte den Ölstand messen?“ Ulrike Hoh erschrickt, als sie erfährt, dass sie als Kurzstreckenfahrerin einmal pro Jahr das Öl wechseln sollte.
Öl wechseln lassen sollte. Wenn man zu doof ist, einen Scheibenwischer zu wechseln, sollte man das mit dem Öl dringend bleiben lassen. Und was hat das mit Kurzstrecken zu tun?
Zum Schluss empfiehlt er als „wirklich spannende“ Lektüre die Betriebsanleitung.
Da steht, also, bei einem Mercedes zumindest, auch deutlich mehr drin, als man in dem Kurs “lernt”.
Ich sollte mal dem ADAC schreiben, ob ich nicht auch ein Seminar geben soll. Thema: “vorwärts einparken” mit dem zentralen Kursinhalt, dass man nicht weiterfährt, wenn es piepst. Kommen sicher auch keine Männer, die danach ihr Geld lieber in die Werkstatt tragen, weil die Freundin den tiefergelegten Wagen gegen einen hohen Bordstein gerammt hat, “obwohls noch gar nicht gepiept hat”. Sondern nur so ein komisches krzckgrzk-Geräusch kam.
[Der zitierte Artikel ist in der Motorwelt 10/2016 auf S. 82/84 erschienen, und der ADAC hält ihn für derart proprietär, dass er nicht frei im Internet verfügbar ist. Der erwähnte “Pannenhilfekurs” ist für Frauen übrigens gratis; für Männer umsonst.]