Alte, weiße, cis-het Männer

Es gibt seltene Momente, in denen ich einsehen muss, dass ich mich geirrt habe. Ich habe gestern gelernt, dass das Referendum auf der Krim in etwa so war, als würde man Mallorca über einen Anschluss ans deutsche Reich abstimmen lassen, und den von den Einheimischen bislang nett und zuvorkommend tolerierten Gästen das Wahlrecht geben. Komischerweise erfährt man sowas aber erst bei einer Flasche Горілка, nicht aus der Lügenpresse. Deswegen nennt man die ja auch so. Горілка sieht übrigens aus wie Vodka, schmeckt besser als Vodka und man vergisst den sehr wichtigen Unterschied zu Vodka leider nach einer halben Flasche.

Naja, ein anderer Punkt ist der, dass alte, weiße, heterosexuelle Männer offenbar wirklich so schlimm sind, wie die Feministen tun. Luisman hat sich mit einem Beitrag von unserem (in irgendeinem Kaffdorf gewählten) Bundesinnenminister auseinandergesetzt, und auch auf die Gefahr hin, dass sich das doppelt, hier meine Meinung dazu:

Leit­kul­tur für Deutsch­land – Was ist das ei­gent­lich?
BILD am Sonntag vom 30.04.2017

Man könnte an dieser Stelle eigentlich aufhören, sich mit dem Thema zu befassen und die deutsche Leitkultur für tot erklären – heute im Programm: Tittenmäuschen, und nebenbei: Deutsche Leitkultur. Fein. Es wird aber leider noch schlechter, als es eh schon ist, wenn man den Unsinn liest:

Ein Diskussionsbeitrag von Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière zur Frage, “was uns im Innersten zusammenhält”
Oh Gott, wir sind noch nichtmal im Text und schon vergewaltigen wir Goethe in einem Gangbang mit Hundert Negern. Freilich klaut sich Maizere seine Leitkultur dann auch von Goethe zusammen, aber das ist Fausts Verständnis der Welt. Faust, wissenschon, der Pädophile mit dem Pakt mit dem Teufel.
Wobei das natürlich verständlich ist; ohne seine Seele zu verkaufen wird man in der Politik ja nun sicher nichts. Aber zum Inhalt:
Einige Dinge sind klar. Sie sind auch unstreitig: Wir achten die Grundrechte und das Grundgesetz.
So: Erster Satz, erste Lüge. De Maizere scheißt auf Grundrechte wie Eigentum oder freie Meinungsäußerung, er achtet die also nicht. “Wir” können die nicht achten, weil wir von “wirs” wie Maizere dazu gezwungen werden, sie aufzugeben. Widerlicher, verlogener Pisser.
Nun mag Maizere in seinem Berliner SafeSpace das ja durchaus als Realität ansehen, aber dadurch hat er mit dem gemeinen Deutschen nichts am Hut. Was deutsche Leitkultur wäre – und was Deutschland in der Welt groß gemacht hat – ist die Grundidee, dass man (a) Arbeit (b) ordentlich und (c) genau wie abgesprochen (d) erledigt und (e) das vollkommen selbstverständlich ist. Ende. Das ist aber nicht deutsche Kultur, das war es mal. Heute ist es – siehe de Maizere – verlogenes Geblubber ohne Wert und Inhalt. Was auch daran liegen mag, dass Herrn de Maizere die Punkte (a) bis (e) vollkommen fremd sein dürften.
Über allem steht die Wahrung der Menschenwürde.
Ach, fick dich doch.
[blabla] Für all das haben wir ein Wort: Verfassungspatriotismus.
Nein, das Wort haben wir nicht. Wir haben insbesondere nicht einmal eine Verfassung. Eine Verfassung ist etwas, was (sich) freie Bürger in freier Wahl beschließen. Steht auch im Grundgesetz, ganz hinten. Wenn das noch nicht gestrichen wurde.
Über Sprache, Verfassung und Achtung der Grundrechte hinaus gibt es etwas, was uns im Innersten zusammenhält, was uns ausmacht und was uns von anderen unterscheidet.
Joah – Deutsche sind im Allgemeinen arrogant, unfreundlich und überheblich, was wir uns auch leisten konnten, weil wir halt die Arbeit besser gemacht haben als der fucking Rest der Welt.
Früher.
Jetzt sind “wir” nur noch arrogant, unfreundlich und überheblich, und das einzige, was uns nicht vollkommen unbeliebt macht überall, ist, das die Russen noch schlimmer sind.
Aber gut, was sagt denn Maizere dazu?
[Schwafel]
Boooaahhh – okay, eine Seite weiter…
Ich will mit einigen Thesen zu einer Diskussion einladen über eine Leitkultur für Deutschland.
Ja du fuck Dreck, wenn Du die deutsche Leitkultur als Deutscher nicht benennen kannst, sondern blöd rumdiskutieren musst, dann ist “blöd rumdiskutieren” deutsche Leitkultur, nicht deine Inhalte.
Was, übrigens, ziemlich treffend ist.
Aber gehen wir die zehn Punkte trotzdem durch:
1. Wir sind eine offene Gesellschaft. Wir zeigen unser Gesicht. Wir sind nicht Burka.
Nein, das sind wir nicht, und das waren wir nie. Wir sind waren eine tolerante Gesellschaft, weil wir wussten, dass wir besser waren als alle anderen. Das sind wir aber nicht mehr, von daher werden wir jetzt werterelativierend und genießen unseren Untergang. Wir bloggen anonym. Wir haben auch nichts gegen Burkas.
2. Wir sehen Bildung und Erziehung als Wert und nicht allein als Instrument.
Ja, und ich bedanke mich bei den Autoren von Meyers Enzyklopädischem Lexikon dafür. Das deutsche Schulsystem hat das schon vor 30 Jahren nur (noch?) gepredigt, nicht vermittelt. Allgemeinbildung ist etwas, was Politikern vollkommen zu fehlen scheint, was dann natürlich auch Lehrpläne reflektieren. Baaaaaaaah.
3. Wir sehen Leistung als etwas an, auf das jeder Einzelne stolz sein kann.
Das ist mal ganz, ganz sicher das un-deutscheste, was es gibt. Leistung ist, das hatte ich oben geschrieben, etwas vollkommen selbstverständliches. Fleißsternchen sind Montessori-Bullshit, und Stolz auf Selbstverständlichkeiten ist was für dumme Amerikaner. Sammal. Aber das geht dann vollkommen realitätsfremd weiter – Maizere behauptet,
Wir fordern Leistung. Leistung und Qualität bringen Wohlstand.
Das tun wir nämlich nicht mehr. Und wenn keiner mehr Leistung bringt und Mercedes weniger Qualität bietet als Hyundai, dann geht auch der Wohlstand nach Asien. Ich verstehe Leute wie Luisman, die dem Wohlstand da hin folgen.
4. Wir sind Erben unserer Geschichte, mit all ihren Höhen und Tiefen. Unsere Vergangenheit prägt unsere Gegenwart und unsere Kultur.
Nein, wir sind Meister der Ignoranz bezüglich unserer Geschichte. Wir tun erst seit Hitler so, als wäre das anders, weil wir uns wegen des NS-Traumas kollektiv belügen mussten. Vor hundert Jahren hätten wir auch noch Psychotherapeuten gehabt, die das hätten erklären können.
[4b] Dazu gehört auch ein besonderes Verhältnis zum Existenzrecht Israels.
Ich kenne absolut niemanden, dem allein das Thema Israel nicht derart auf den Sack geht, dass er nicht wenigstens mal überlegt hat, ob man da nicht besser eine Atombombe draufwirft oder die alle vergast oder so. Und das, obwohl ich niemanden kenne, der Atombomben oder Leute vergasen befürworten würde.
5. Wir sind Kulturnation.
Sehen wir am Christopher Street Day, Slutwalks und der Fuckparade. Und sowas sagt ein Mann, der in Berlin lebt. Deutsche Kultur ist, dass man nach vier, fünf Maß Bier am Kotzhügel kotzt. Ja, der heißt Kotzhügel. Das ist deutsche Leitkultur. Also, war, heute vögelt man da. Früher machte man das, wie das halt anständige Leute machen, in der U-Bahn. Also, vögeln, nicht kotzen. Geht aber nicht mehr, da kotzen jetzt ja alle rein.
6. In unserem Land ist Religion Kitt und nicht Keil der Gesellschaft.
7. Wir haben in unserem Land eine Zivilkultur bei der Regelung von Konflikten.
Nein, deutsche Kultur ist die Vermeidung von Konflikten. Deutsche sind nicht sonderlich gut in Konflikten, wir haben da immer das sehr aufbrausende Bedürfnis, in Polen einzumarschieren und Juden zu vergasen. Das haben wir aus der NS-Zeit gelernt: Konflikte vermeiden. Das war aber mal. Jetzt hingegen gibt es zunehmend mehr Konflikte, und wie die in Deutschland nicht gelöst werden, lässt Somalia wie ein strahlendes Beispiel wirken.
8. Wir sind aufgeklärte Patrioten.
Nazi. Ne, ehrlich – wo lebt der Mann? Mein Opa war aufgeklärter Patriot, der war bei der Waffen-SS an der Ostfront. Deutsche sind Weltbürger. Fahrt halt mal irgendwo hin; man findet immer Deutsche.
9. Wir sind Teil des Westens. Kulturell, geistig und politisch.
Als ich diese West-Ost-Geschichte erklärt bekam, war der Westen kapitalistisch und der Osten kommunistisch. Das ist heute nicht mehr so. Das stimmt also einfach nicht. Wir sind Teil der alten Welt, die halt untergeht, wenn Maizere das meint.
Die NATO schützt unsere Freiheit.
Vor – den bösen Kommunisten? ISIS und sonstige Terroristen ja nun mal nicht, die laden wir ja nun ein und zahlen ihnen auch noch Geld dafür, dass sie da sind und unsere Weihnachtsmärkte mit Scania-LKWs bereichern.
10. Wir haben ein gemeinsames kollektives Gedächtnis für Orte und Erinnerungen. Das Brandenburger Tor und der 9. November sind zum Beispiel ein Teil solcher kollektiven Erinnerungen.
Was zum Teufel ist denn am 9. November? Ich meine, das ist 9/11, aber halt nicht 11/9? Shit, und Wikipedia ist in der Türkei gesperrt, das war echt schwer rauszufinden. Reichskristallnacht. Fein. Das ist also der Tag, wo sich die Nazis so benommen haben wie die Antifa jährlich am 1. Mai. Danke, deutsche Leitkultur.
Wenn wir beim Thema Kultur sind: Die Türkei wird wieder konservativ-religiöser – also genau das, was Atatürk relativ unblutig abgeschafft hat. Es tragen deutlich mehr junge Frauen wieder Kopftuch. Und das sind interessanterweise die, die schlank und gutaussehend sind. Ich finde das jetzt nicht wirklich schlecht.

2 Replies to “Alte, weiße, cis-het Männer”

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